22 CW TXT
foto copyright
Walter Freiwald
Oh mein Gott, alles um mich herum ist grün. Und so fühle ich mich auch. Es ist mitten in der Nacht, die grüne Leuchtanzeige meines Radioweckers zeigt 03:48 und ich sitze auf dem Boden meines von oben bis unten grün gefliesten Badezimmers. Um mich herum ist es ganz still. Diese Stille wird nur von einem für meine Begriffe relativ lauten und monotonen Rauschen in meinem Kopf unterbrochen. Ich versuche mich so wenig wie möglich zu bewegen, weil es diese Situation leichter ertragen hilft. Kurze, heftige Bewegungen, die meinen Blick tief in die Kloschüssel richten, unterbrechen das Ganze. In diesen Momenten schießt mir auch das allseits beliebte und bekannte „NIE WIEDER“ durch den Kopf. Jeder dürfte es wohl kennen, doch geholfen hat es bei den Wenigsten. Ich meine diese Situation passiert immer wieder und man weiß genau, wie sie enden wird; na ja, Badezimmer, Kloschüssel und eine „wunderschöne Nacht“. Dies alles hindert einen aber trotzdem nicht daran, erst Sekt, dann Bier, Wein und noch einmal Sekt zu trinken und abschließend eine kleine Schnuppertour durch die Cocktailkarte zu unternehmen. Toll. – Es klopft. „Zimmerservice“. „Äh, wie? Ja!“ Die Tür fliegt auf und eine Frau Ende vierzig mit Jeans, Strickpullover und darüber modisch drapierter Kittelschürze mit übergroßem Blumenmuster steht in meiner Wohnung. „Ich, äh, Entschuldigung – ich wohne hier! Ich meine…“, versuche ich irgendetwas von mir zu geben. Sie zieht einen Staubsauger hinter sich her. „Ich fang dann hier gleich mal an. – Das ist übrigens der neue Philips FC 9150/01 Performer. Von seiner 425 Watt Tri-Active-Düse und dem Ultra-Clean-Air-HEPA-13-Filter bin ich total begeistert. Die Staubfüllanzeige zeigt an, wann der Staubsaugerbeutel gewechselt werden muss. Die Saugleistung kann per Fußdruck eingestellt werden. Mit dem ergonomischen Tragegriff und der Front-Tragevorrichtung gehören lästiges Bücken und Rückenschmerzen der Vergangenheit an. Die großen, leicht rollenden Hinterräder aus Gummi machen ihn gut manövrierbar und er verkratzt Ihre Böden nicht.“ Schon fegt sie wie wild durch die Wohnung – äh, nein saugt, sie saugt durch die Wohnung – mit dem neuen Performer. Was passiert hier? Ich hatte doch eigentlich nichts anderes genommen. Hatte ich nicht? Nein, habe ich nicht!! „Und nun raten Sie mal, was dieser tolle Staubsauger kostet.“ Ich weiß es nicht und will es auch gar nicht wissen. Ich versuche mir auszumalen, wie ich mich verhalten könnte, wenn nun noch Walter Freiwald auftaucht, ein Tusch ertönt, er mir mit säuselnder Stimme eine Reise nach Afghanistan anpreist und ich dann doch den Zonk in Tor 1 habe. Hektisch versuche ich die Tabletten in meinem Arzneischrank nach Farben zu sortieren, schaffe dies jedoch nicht, bevor die Zeit um ist und der Gong ertönt. Mist! Ich bin verzweifelt und schreie: „Ich kaufe ein A!“